Reaktionen
Der W140 sorgte schon vor seiner
Markteinführung für Gesprächsstoff. Als 1987 erste Erlkönigfotos
auftauchten, wurde klar, dass die neue S-Klasse ein ganz "großes Ding"
wird. Zuletzt kündigte eine, in Anbetracht der relativ kleinen Zielgruppe, große Werbekampagne an, das "S" bald fertig sein wird. Was dann 1991 auf dem Genfer Automobilsalon präsentiert wurde, spaltete vor allem in Deutschland die Gemüter. Zu groß, zu schwer, zu hoher Verbrauch waren fortan drei Schlagworte, mit denen man die neue S-Klasse umschrieb. Zwar waren die Qualitäten und der technologische Fortschritt unbestritten, der Fahrkomfort und die Sicherheitsausstattung überragten alles bisher da gewesene, doch der Zeitpunkt für diesen Wagen schien nicht der richtige gewesen zu sein. Umweltdiskussionen, die Weltwirtschaftslage, der Golfkrieg und die hohen Kosten der Wiedervereinigung beeinflussten die Stimmung. Vernunft und Bescheidenheit waren in, Protz hingegen out. Neid spielte in gewisser Weise natürlich auch eine Rolle. Die S-Klasse, von vielen "Backstein", "Schuhkarton", "fahrender Tresor" oder auch "Panzer" genannt, kam nicht aus der Kritik. Man würde mit diesem Auto nicht nach Sylt fahren können, weil es zu breit für die Wagons der Bahn sei, auf Zwei-Meter-Spuren in Baustellenbereichen könne es wegen der Breite zu Problemen kommen. Anklappbare Außenspiegel für schmale Garagen sowie Waschanlagen und die automatisch ausfahrenden Peilstäbe am Heck sorgten für zusätzlichen Tumult. Witze, wie z.B. "Warum darf man mit der S-Klasse nicht am Sonntag fahren? - Wegen des Sonntagsfahrverbots für Lkw." machten die Runde. Die Modellbezeichnung S-Klasse stehe für superschwer, superdurstig und superteuer. Die Zuladung war anfangs zu gering, es wurde gewitzelt, man könne mit diesem großen Wagen nur zu zweit in den Urlaub fahren, oder zu viert, dann jedoch ohne Gepäck. Dieses erkannte auch Mercedes schnell und erhöhte das zulässige Gesamtgewicht, indem man den Luftdruck in den Reifen etwas erhöhte. Beim 500 SEL z.B. vorn um 0,2, hinten um 0,3 bar. Dies minderte zwar den Abrollkomfort etwas, angesichts der Tatsache, dass gut ausgestattete Exemplare teilweise nur 260 kg Zuladung ermöglichten, machten diese Maßnahme unabdingbar.
Sogar für das Nachrichtenmagazin 'Der Spiegel' entwickelte sich der W140
regelrecht zum Hassobjekt, als sei dieses Auto ein Politikum. Immer
wieder erschienen hämische Artikel über die angeblich unzeitgemäße, zu
schwere, zu durstige und zu klobige S-Klasse. Eine Auswahl findet sich
in der Rubrik 'Externe Links'.
Geradezu lächerlich erscheint die ganze Diskussion,
wenn man sich einmal die Fakten vergegenwärtigt: Der W140 ist gegenüber
seinem Vorgängermodell W126 5,3 cm (SEL) bzw. 9,3 cm (SE) länger, 6,6 cm
breiter und 6,2 cm höher - man führte also Diskussionen um die Größe
einer Zigarettenschachtel!
Natürlich war auch Greenpeace von der neuen
S-Klasse wenig begeistert. 1992 brachte die Umweltorganisation eine
Broschüre im Stil eines Mercedes Prospekts heraus, deren Titel lautete:
'Unser Stern: viel zu kostbar für die neue S-Klasse'. Zwei Jahre später
starteten die Umweltschützer eine Postkartenaktion - 'Überlassen Sie die
Saurier den Museen'. Ende 1996 schafften es sechs Aktivisten sogar auf
das Dach der Untertürkheimer Zentrale und forderten u.a. die Abschaffung
der S-Klasse.
Dass es jemals wieder ein Auto geben wird, das
derartige Reaktionen bei Teilen der Bevölkerung hervorruft, ist wohl zu
bezweifeln:
"So manche Reaktionen auf Preis
oder Höchstgeschwindigkeit eines Porsche, auf Größe oder Gewicht eines
S-Klasse Mercedes lassen befürchten, dass wir hierzulande von
fehlgeleitetem Sozialneid nicht mehr weit entfernt sind. Die ihn in die
Welt setzten, übergehen geflissentlich den technischen Fortschritt und
den sozialen Nutzen, der Automobilen der Sport- und der Komfortklasse zu
verdanken ist. Die Millionen von Fahrern von Kleinwagen und
Mittelklasseautos verdanken den Herstellern und Käufern von Automobilen
der Spitzenklasse darüber hinaus aber den sicherheitstechnischen und
ökologischen Fortschritt ihrer eigenen Gefährte. Es gibt kaum eine
Innovation auf diesen Gebieten, die nicht von hochleistungsfähigen oder
Komfortautomobilen ausgegangen ist, weil in diesen Kategorien der Nutzen
mehr zählt als des Buchhalters spitzer Bleistift. Die Beweiskette dafür
reicht von Scheibenbremsen bis ABS, vom Katalysator bis zum Airbag, und
sie weist in die Zukunft. Einen Luxuswagen zu fahren ist somit wohl die
sozialste Art individueller Fortbewegung."
"Man muss es den Verantwortlichen
schon glauben, dass die Entwicklungen für die großen Serien immer erst
in den relativ kleinen, aber teuren Stückzahlen der Oberklasse
eingeführt und erprobt werden, weil sie sich am Anfang nur da rechnen.
Und natürlich kann die älteste Autofirma der Welt das für das Image
wichtigste Marktsegment nicht anderen überlassen.
"Die jüngste Generation der
Spitzenmodelle aus Untertürkheim weist wie ihre Vorgänger den Weg für
die Zukunft der Automobiltechnik. Er fährt bei den großen
Reiselimousinen zum Einsatz modernster Hochtechnologie für mehr
Umweltverträglichkeit, Fahrsicherheit- und Komfort, Wirtschaftlichkeit
und Leistungsfähigkeit."
Mercedes-Benz 400 SEL im Test:
Paris, 07.10.1992
"Über das
Platzangebot im
Innenraum braucht
man bei den
gegebenen
Dimensionen nicht
viele Worte zu
verlieren: Es ist
schlicht
verschwenderisch, im
Fond noch mehr als
vorn, weil hinten
die üppige Höhe
besonders geeignet
ist, das Gefühl vom
fahrenden Wohnzimmer
hervorzurufen. … Es
ist nicht falsch,
vom besten Auto der
Welt zu sprechen –
weniger wäre gerade
im Falle Mercedes
auch zu wenig
gewesen."
"Doch gerade jene Menschen, die mit spitzer Stimme gerne danach fragen,
ob dieses Auto noch zeitgemäß sei, setzen sich ohne Zögern in ihren
Flieger nach Kenia, um dort zwei Wochen in der Sonne zu rösten. Die
größten Stärken dieses großen Autos beginnen dort, wo die Möglichkeiten
der meisten anderen Vehikel enden, nun ist Zeit für lobende Superlative:
Trotz denkbar bester Fahrsicherheit wird ein derart hohes Maß an Komfort
geboten, dass wir dies einer Stahlfederung niemals zugetraut hätten.
Einfliegender Teppich kann kaum erschütterungsfreier dahingleiten. Dabei
ist der 500 SEL keine wiegende Sänfte. Radaufhängung und Gelenke
kommunizieren jederzeit noch mit dem Fahrer, aber sie sprechen höflich
mit ihm. In keinem anderen Auto werden Fahrgeräusche wirksamer
ferngehalten oder unterdrückt, der Mercedes scheint auf Kreppsohlen
einherzuschreiten. Nirgendwo sonst geht es in der schönen Welt der
Spitzenmodelle leider zu.
"Eine Himmelsschaukel. "Was hier an
sanftem Abrollen, souveränem Schluckvermögen der Federung auf
Unebenheiten aller Art und weitgehender Eliminierung von Fahrwerks- und
Windgeräuschen geboten wird, setzt zweifellos ganz neue Maßstäbe in der
Luxusklasse. "Den Insassen
wird auch im hektischen Großstadtverkehr klar, was es heißt, Stille zu
hören." "Durch das
extrem geringe Geräuschniveau wird die Geschwindigkeit in der Tat
unterschätzt. Nicht nur der ruhige Lauf des Motors trägt dazu bei,
sondern auch die sorgfältige Geräuschdämmung Richtung Innenraum. Die
Doppelverglasung der Seitenscheiben trägt ihren Teil dazu bei. Leises,
sanftes Dahingleiten, verbunden mit kraftvoller Dynamik der Motoren und
ungewöhnliche Handlichkeit trotz der stattlichen Abmessungen sind
kennzeichnende Merkmale." "Sobald der [400] SEL fährt, geht alles spielend leicht. Dabei habe ich auf der Straße
nie das Gefühl, in einem zwei Tonnen schweren, 5,21 Meter langen, 1,88
Meter breiten und 1,5 Meter hohen Auto zu fahren. Viele
Mittelklasse-Limousinen sind schwerfälliger, durchpfeilen Kurven weniger
behend und brauchen mehr Konzentration zu ihrer Bändigung." "Dieses Streben nach höchster
Perfektion - und nicht nur das Schielen auf die Konkurrenz in München -
war ein wesentlicher Grund dafür, dass die neue S-Klasse heute so
dasteht - größer, schwerer, stärker, aber auch geräumiger, komfortabler
und sicherer. Kritik wird ohnehin nur laut bei einem für die Belange von
Ökologie und Ökonomie sensibel gewordenen deutschen Publikum, das aber
nichts dabei findet, wenn nicht minder konsumfreudige Geländewagen als
Einkaufsautos verwendet werden." "Soll man der Marke mit dem
Stern vorwerfen, dass sie das Produkt konstruiert hat, mit dem sie ihre
Kundschaft zufriedenstellt? Und kann man dem Auto selbst vorwerfen, dass
es die im Lastenheft geforderten Bedingungen nahezu perfekt erfüllt? Die
neue S-Klasse wird innerhalb von Wochen auf Jahre hinweg ausverkauft
sein." "Noch mehr
Beinraum hinten, ein viel größerer Sitzkomfort im Fond, bessere Sitze
auch vorn und ein bis dato kaum gekanntes Raumgefühl lassen keinen
Zweifel, dass mit den gut fünf Metern Länge durchaus so etwas wie
Raumökonomie entstanden ist." Test 300 SE: "So die passive
Sicherheit: Die Fahrgast-Zelle wurde bei Tests wie eine Nuss im
Nussknacker zusammengedrückt, neue Entkoppelungs-Glieder begrenzen bei
einem Frontal-Crash die Eindringtiefe des Lenkrades, der Fahrschemel
legt sich wie ein Tresor vor die Zelle, im voll mit Technik
"ausgegossenen" Motorraum kann sich trotzdem noch eine
energieabsorbierende Faltarbeit programmiert abspielen. Die ab 1994 in
den USA geforderten Belastungen bei Seitenaufpralltests werden heute
schon unterschritten." "Unterm Strich
ist der 300 SE dennoch ein Auto, das angesichts des Gebotenem
keinesfalls zu teuer erscheint. Er ist auch nicht unbedingt ein Wagen,
der nach einem Chauffeur verlangt. Dazu macht das Fahren in ihm viel
zuviel Spaß." Vergleichstest von Mercedes-Benz
600 SEC, BMW 850 CSi und Jaguar XJR-S: "So ist der Mercedes zwar nicht
der König der Landstraße, dafür aber der unangefochtene Beherrscher des
Fahrkomforts. Geräusch, Federung, Sitze, Klimatisierung, jeweils ein
Optimum, summieren sich zu einem Komfortniveau weit über jenem der
beiden Zwölfzylinder-Konkurrenten." Über den Mercedes-Benz 600 SEC:
Über den Mercedes-Benz 600 SEC: "Als mein
Bio-Lehrer einst von urigen Mammuts erzählte, schloss er aus, dass sie
je wiederkommen würden. Der Mann irrte. In automobiler Gestalt kehrten
sie wieder. Niefers S-Klasse. Was ist schon alles über sie getuschelt,
weitergesagt oder auch erfunden worden! Dabei kann man ein 600 SE Urteil
eigentlich ganz kurz fassen: Superatuo. Zugegeben, seine Dimensionen
passen nicht in einer Zeit, in der alles mit dem Kopf und nur weniges
mit dem Bauch entschieden wird. Aber da ist ja eben auch die rein
technische Seite eines 600 SE, und die muss selbst notorischen
Miesmachern Bewunderung abringen - oder die Jungs sind auch sonst nicht
mehr zu retten... Umweltschutzpreis "Stratospheric
Ozone Protection Award 1992"
Mercedes 300 SE:
Sicherer Reisewagen mit jeder Menge Hochtechnologie: Goldenes Lenkrad, Klasse 3. -
Mercedes 300 SE: Die Perfektion auf Rädern: Mercedes S-Klasse - Der
Überflieger der Nation - Test 600 SEL: Für Achtschwärmer -
Vergleichstest Achtzylinder-Limousinen (400 SE): Star Performer Mercedes S-Class: Mercedes-Benz 500 SEL im Test: Aus der Automobilzeitschrift "Mot"
(Oktober '98) in einem Nachruf auf die alte Mercedes S-Klasse:
"Das Ende des guten Patriarchen. Sentimentaler Abschied: Die S-Klasse
war immer besser als ihr Ruf" ein Nachruf von Wolfgang Peters, in dem es
unter anderem heißt: "Denn kein anderes Auto bot höheren Fahr- und
Federungskomfort, und kein anderer Wagen in dieser Größenkategorie ließ
sich ähnlich sicher und gleichzeitig agil bewegen. Die S-Klasse war ein
Riese, dem man das Tanzen auf den Zehenspitzen beigebracht hatte. [...]
Die neue S-Klasse wird ja schlanker und ranker: Uns fehlt der Dicke
schon jetzt." |
Stand: 20.02.2013 |